Mein Schreiben an den Verfassungsschutz
Bundesamt für Verfassungsschutz
Merianstraße 100
50765 Köln
Wiesbaden, 19.05.2025
Anfrage zur Nennung meiner Person im Verfassungsschutz-Gutachten zur AfD
Sehr geehrte Damen und Herren,
im Zusammenhang mit dem Gutachten des Bundesamts für Verfassungsschutz zur Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) bitte ich um Auskunft über die Grundlage der dortigen Nennung meiner Person. (S.1045 3173 3174 3175)
Gegen mich liegen keine Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Aktivitäten im Sinne des § 3 BVerfSchG vor. Mein politisches Wirken steht in voller Übereinstimmung mit den Grundwerten des demokratischen Rechtsstaats. Soweit etwaige Kontakte zu „Personen“ bestehen, erfolgen diese ausschließlich im Rahmen meines parlamentarischen Auftrags und dienen dem demokratischen Diskurs und nicht der Unterstützung verfassungswidriger Ideologien.
Dennoch werde ich in einem sicherheitsbehördlichen Kontext erwähnt, was den Eindruck erweckt, dass von mir eine besondere verfassungsrechtliche Relevanz oder Gefahr ausgehe. Dies hat erhebliche politische, persönliche und reputationsbezogene Auswirkungen und bedarf daher aus meiner Sicht dringend Transparenz über die Einordnung und Methodik ihrer Bewertung.
In diesem Kontext frage ich den Verfassungsschutz:
-
Auf welcher konkreten Tatsachengrundlage erfolgte die Nennung meiner Person im genannten Gutachten?
-
Welche Äußerungen, Aktivitäten oder Kontakte rechtfertigen aus Sicht des Bundesamts eine sicherheitsrelevante Einstufung oder Beobachtung?
-
Welche Kriterien müssen erfüllt sein, damit eine Person in einem VS-Gutachten überhaupt aufgeführt wird – insbesondere, wenn keine strafrechtlich relevanten oder öffentlich belegten Aktivitäten vorliegen?
-
Wie gewährleistet das Bundesamt, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und die Unschuldsvermutung auch im Bereich der nachrichtendienstlichen Berichterstattung gewahrt bleiben?
-
Welche Strategie verfolgt das Bundesamt im Umgang mit politischen Akteuren mit extremistischen Tendenzen: Dialog und Integration oder vollständige Abschottung („Brandmauer“)? Wie werden parlamentarische Kontakte im Sinne des gesellschaftlichen Diskurses dabei eingeordnet?
-
In welchem Maße ist die Teilnahme an AfD-Veranstaltungen durch Personen (einschließlich mir), die sich nachweislich niemals negativ gegenüber Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe, ihrer politischen Überzeugung, ihrer Herkunft, sexuellen Orientierung, religiösen Überzeugungen et cetera, noch je negativ gegen das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland geäußert haben, relevant für eine sicherheitsbehördliche Bewertung?
-
Welche konkreten Maßnahmen wurden bislang in meiner Angelegenheit in Bezug auf nachrichtendienstliche Erkennung unternommen?
-
Wurde meine Nennung mit anderen staatlichen Stellen abgestimmt (z. B. Bundestag, Landesämter, Innenministerien)? Wenn ja, mit welchen, und auf welcher rechtlichen Grundlage erfolgte dies?
-
Warum erfolgte vor der Veröffentlichung des Gutachtens keine Anhörung meiner Person oder eine Möglichkeit zur Stellungnahme und somit der Verzicht auf dieses rechtsstaatliche Mittel?
-
Wie lange wird die Nennung meiner Person dokumentiert, und wie ist eine Löschung oder Richtigstellung möglich?
-
Welche internen Prüfverfahren bestehen im Bundesamt, um eine sachlich und rechtlich korrekte Darstellung im Gutachten sicherzustellen, insbesondere bei Namensnennungen politisch aktiver Personen?
-
Wie wird sichergestellt, dass durch eine bloße Nennung keine politische oder gesellschaftliche Stigmatisierung entsteht, insbesondere bei Personen, die sich im demokratischen Raum bewegen?
-
Wie bewertet das Bundesamt die Gefahr von Fehlinterpretationen durch Medien oder politische Gegner, wenn Personen ohne verfassungswidriges Verhalten in einem VS-Gutachten genannt werden?
-
Wie viele Personen wurden im Gutachten auf vergleichbare Weise genannt, ohne dass gegen sie konkrete verfassungsfeindliche Aktivitäten vorliegen?
Ich bitte um eine schriftliche Stellungnahme bis zum 30. Juni 2025 und danke Ihnen im Voraus für Ihre Mühe.
Mit freundlichen Grüßen
Sascha Herr
Abgeordneter im Hessischen Landtag
Schlossplatz 1-3
65183 Wiesbaden
0611 – 350 768
E-Mail: s.herr@ltg.hessen.de